Die Schlimmen von Oederan

Oederan

Im Jahre 1645 begann der sonderbare Prozeß zwischen Oederan und dem Ritter von Schönberg auf Börnichen wegen des Hirtenfeldes. Dieser glaubte, von der Stadt um einige Hundert Scheffel Feld betrogen worden zu sein. Er verlangte sie zurück. Die Stadt weigerte sich. Vier Jahre bereits währte der Streit. Endlich wurde das Endurteil gesprochen, das dahin ging, daß diejenige Partei das Hirtenfeld auf ewige Zeiten in Besitz bekommen sollte, die zuerst einen Galgen darauf erbaute und zugleich einen Verbrecher daran hängen ließ. Nun hatte der Schloßherr zur selben Zeit seinen Schafmeister Caspar Witte nach Böhmen geschickt, um für ihn daselbst hundert Schafe zu kaufen. Auf dem Rückwege von dort, in der Nähe der Gahlenzer Fluren, aber fiel er in die Hände schwedischer Reiter, die ihn gegen Bezahlung um zehn Schafe baten. Der Schafmeister aber verweigerte sie ihnen. Da nahmen ihm die Schweden die ganze Herde, von der sie die Hälfte an die Oederaner Einwohner verkauften. Der Schafmeister aber eilte nach Börnichen, holte dort Hilfe und kam mit seinem Anhange nach der Stadt zurück, um seine Schafe zu reklamieren. Aber ohne Erfolg. Allein einige Tage später brach der zornige Schafmeister in Oederan ein und raubte sich die letzten zwanzig Schafe. Die anderen waren verkauft oder geschlachtet worden. Aber noch auf Stadtgebiet wurde er ertappt, als ein Schafdieb gefangen gefetzt und zum Galgen verurteilt. Gerade in diesen Tagen war obenerwähntes Urteil vom höchsten Gerichte gesprochen worden. Eiligst sandte der Ritter von Schönberg einen Boten nach Meißen, dort einen Verbrecher zu holen, wo in den damaligen Striegszeiten Dutzende gefangen saßen und für Geld zu haben waren. Zugleich ließ der Ritter einen Galgen zimmern, um ihn am anderen Morgen an Ort und Stelle aufzubauen. Aber die Dederaner waren auch fleißig bei der Arbeit gewesen. Am frühen Morgen des anderen Tages, als eben der Ritter von Schönberg seinen Galgen nach dem Hirtenfelde abfahren lassen wollte, sah er mit Entsetzen von seinem Fenster aus auf eben diesem Felde schon einen Galgen fix und fertig stehen und an demselben seinen eigenen Schafmeister hängen. "Seht, seht die Schlimmen von Oederan!" rief entrüstet der Ritter seinen Leuten zu und ließ den Galgen wieder abladen. Lange Jahre hindurch hat sich das Wort „die Schlimmen von Oederan" erhalten. Das Hirtenfeld im damaligen Werte von 40 000 Talern aber fiel damit endgültig der Stadt Oederan zu. Die Namen der zwölf Bürger, die das Hochgericht aus führten, seien hier verschwiegen.

Quelle: Richard Rentsch Geschichte der Stadt Oederan


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Vermuteter Sagen-Ort (ich war ja nicht dabei). Wer es besser weiß, kann mir bitte bitte einen Tipp geben.