Während Dr. Martin Luther auf der Wartburg war, hatte bekanntlich der Magister Andreas Bodenstein, von seiner Geburtsstadt in Franken Karlstadt genannt, in Wittenberg eine Secte gegründet, welche aus Mißverstand der kirchlichen Freiheit die Bilder in den Kirchen verbrannte, die Altäre zerstörte und andern Unfug anfing. Luther predigte nach seiner Rückkehr mit so gutem Erfolge gegen diese Sectirer, daß sie genöthigt wurden, die Stadt zu verlassen. Karlstadt zog sich nun auf kurze Zeit in seinen Bauerhof zu Segrehna, einem Dorfe bei Wittenberg, zurück, allein bald begab er sich unter dem Vorwande, die Pfarrstelle zu Orlamünde sei geistliches Lehen des Allerheiligenstiftes zu Wittenberg, dessen Archidiaconus er gewesen war, nach Orlamünde und wußte dort den größten Theil der Bürgerschaft durch seine feurigen Predigten genau so für sich einzunehmen, wie dies ihm vorher in Wittenberg gelungen war. Natürlich entstand auch hier in Folge davon auch ebenso Unfriede und Zwietracht in der Gemeine, und Luther begab sich über Jena nach Orlamünde (24. August 1524) um womöglich wieder Einigkeit herzustellen. Der Stadtrath berief nun die Bürger zu einer Disputation mit Luther über die hauptsächlichsten Streitpunkte, allein Letzterer fand soviel Widerspruch, daß er unverrichteter Sache die Stadt verlassen mußte. Er selbst sagt, er sei froh gewesen, daß man ihn nicht mit Steinen und Koth beworfen habe, denn man habe ihm als Reisesegen die Worte nachgerufen: „fahr hin in tausend Teufel Namen, daß Du den Hals brächest, ehe Du zur Stadt hinaus kömmst!“
Wegen dieses Benehmens gegen Luther erließ nun der Churfürst einen scharfen Verweis gegen den Stadtrath, Karlstadt aber mußte die Stadt verlassen. Man erzählt nun, Luther habe im Zorn gegen die ungastliche Stadt den schweren Fluch gegen dieselbe ausgestoßen, es sollten fortan alle Brunnen in ihr versiegen, auch die Einwohner alles Wasser mit Mühe den steilen Berg hinaufschleppen, auch weil gerade Jahrmarkt daselbst und sehr schlechtes Wetter gewesen war, es so bei allen Orlamünder Jahrmärkten sein. Allein obwohl noch heute der auf der Mitte des Weges nach der Stadt befindliche sogenannte Luthersbrunnen versiegt und versandet ist, sodaß viele Bewohner der Stadt von jenem beschwerlichen Wasserholen an Kröpfen litten, so hat doch gegenwärtig jener Fluch, wenn er überhaupt ausgesprochen ward, keine Bedeutung mehr, da die Stadt sich lange schon einer vortrefflichen Wasserleitung erfreut.
Quelle: Grässe Sagenschatz des Königreichs Sachsen
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