in einem weiten, großen Walde der Oberlausitz soll einst eine einsame Waldburg gestanden haben, in welcher ein alter Rittersmann mit einigen Knechten hauste. Die Menschen mieden die Burg; denn man sprach gar verschiedene Dinge vom Ritter, die ein ehrliches Menschenkind befremden mussten; so hieß es bald, dass der Ritter mit dem leibhaftigen Gottseibeiuns in innigem verkehre stehe und ungeheurer Schätze in seine Gewölben und Kellern liegen habe; bald munkelt man, dass Geister die Burg schon seit Jahren bewohnten, ja man hätte ohne Zweifel den Ritter für den Satan selbst angesehen, hätte man nicht gewusst, dass er ein blühend schönes Töchterlein, namens Elsbeth, besitze, die wie eine einsame Waldblume im tiefen Wald dunkel blühe. Selten betrat ein verirrter Wanderer den Burghof, und verlassen schien die Burg zu liegen schon seit Jahren, denn am Wallgraben wandelten zur stillen Nachtzeit grasende Reihe oder schweiften Wölfe und Bären lauernd umher. Es war also dieses Ritterschloss im wahrsten Sinne des Wortes ein verwildertes. Nur wenn im Herbste manchmal die wenigen Knechte auf die Jagd ausritten, um für den Winter Jagdbeute zu holen, schien es etwas belebter zu werden.
Bisweilen konnte man auch wohl im Frühling oder Sommer am Burghof ein frohes Waldlied vernehmen, dass die schöne Elsbeth, wenn sie unter der durstigen Linde am Brunnen saß, sang. Dann rauschte wohl das Wasser plaudernd in der Dämmerungskühle, während die Nachtigallen im Blütenwipfel ihre Wonnelieder flöten.
Einstmals saß Elsbeth wieder auf der Bank am Brunnen, um die schönen Sommerabendkühle zu genießen. Da rötete sich plötzlich ringsum der Wald und die Tannenwipfel im Thale schienen alle zu glühen, und war der Schlosshof voll lichter Glut. Erschrocken erhob sich Elsbeth und gewahrte nun dicht über ihrem Haupte die furchtbare Gestalt eines feurigen Drachen, der mit reißender Schnelligkeit auf sie zu stürzte. Elsbeth wollten entfliehen, aber schon war es zu spät, der Drache ergriff sie und trug sie zum großen Schrecken der herbei eilenden Schlossbewohner durch die Lüfte davon, hinüber auf seiner Felsenburg, wo er bereits eine Anzahl geraubter schöner Jungfrauen gefangen hielt. Erst nach langen Jahren gelangte Elsbeth und ihren Leidensgenossinnen in Freiheit, nämlich damals, als ein gewaltiger Ritter, eine Riese von Gestalt, aus dem Riesengebirge herüber kam und nach furchtbaren Kampfe den Drachen besiegte und tötete.
Mitten im Walde, dort, wo später ein Schloss erbaut wurde, dessen Trümmer heute noch den Namen „das wüste Schloss“ tragen, soll der ehemalige Aufenthaltsort des Drachen gewesen sein.
Quelle: Theodor Hutter Nordböhmische Sagen
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