Im 15. Jahrhundert herrschte in Leipzig die sonderbare Sitte, daß zur Fastenzeit eine Anzahl vermummter junger Bursche einen Pflug durch die Straßen schleifte. Ein Theil derselben ging in die Häuser und bettelte, ein anderer aber lief neben dem Pfluge her, und wo sie ein lediges Frauenzimmer erwischten, das wurde ohne Gnade vor den Pflug gespannt, und so zogen oft ganze Reihen alter Jungfern denselben und wurden so dem öffentlichen Gespötte preißgegeben. Endlich haschten sie bei der letzten Wiederholung dieses Mummenschanzes einmal eine Magd und wollten sie vorspannen, diese aber entlief und rettete sich in die Küche des Hauses, wo sie diente. Dies hinderte aber die wilden Gesellen nicht ihr nachzulaufen, allein als man sie packen und mit Gewalt an den Pranger der Ehestandslosigkeit spannen wollte, zog sie ein Küchenmesser hervor und stach einen der Männer nieder. Vor Gericht geführt, gab sie vor, sie habe nicht einen Menschen, sondern ein Gespenst vor sich zu sehen geglaubt.
Quelle: Grässe Sagenschatz des Königreichs Sachsen
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