Auf und neben dem Geisingberge und in der weiteren Umgebung treibt eine kleine, dunkelgrün nach längst vergessener Mode gekleidete Frau ihr Wesen; sie ist schon vielen Leuten im Walde und auf dem Felde begegnet; sie ist schweigsam und tut keinem Menschen etwas zuleide. Als vor vielen Jahren ein Kuhhirte im Spätherbst seine Herde am Geisingberge hütete, sah er trotz der vorgerückten Jahreszeit eine weiße Lilie auf der Wiese blühen. Er pflückte sie ab und freute sich an ihrer Schönheit. Da stand plötzlich die grüne Frau vor ihm, nahm ihn an die Hand und führte ihn durch eine ihm unbekannte Tür in das Innere des Geisingberges. Hier stellte sich ihm ein Hund mit feurigen Augen knurrend in den Weg. Die grüne Frau beschwichtigte des Hirten Furcht und zeigte ihm die im Berg aufgestapelten Schätze. Sie sprach zu dem Hirten: "Das alles ist dein! Komme wieder und hole dir die Schätze. Vergiß aber das Beste nicht!" Der Hirte lief aus dem Berg, um einen Wagen zu holen, vergaß dabei aber im freudigen Schreck die weiße Lilie mitzunehmen; sie war das Beste gewesen, der Schlüssel zum Berg. Er hörte, wie sich hinter ihm der Berg wieder schloss und wie die grüne Frau jammerte und klagte: "Nun muss ich wieder hundert Jahre auf Erlösung warten…"
Quelle: Klengel Sagenbuch des östlichen Erzgebirges
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