Der fromme Pasler

Jáchymov (Sankt Joachimsthal)

Vor gar vielen Jahren lebte in Joachimsthal ein frommer Bergmann mit Namen Pasler. Ein Haus, ein Ader und eine Grube waren sein Vermögen, das sich noch immer vermehrte, weil sein Werk lange Zeit recht gut ging, so daß er sehr viel Silber ausbeutete. Unvermutet aber ging die Erzader aus, und ein ebenso langwieriger als kostspieliger Bau brachte ihn um seinen Wohlstand, weil jetzt nichts mehr als taubes Gestein gefördert wurde. Er mußte daher einen Bergmann um den anderen entlassen, und nur die Hoffnung, vielleicht boch wieder auf Silber zu stoßen, bewog ihn, den Bau auch noch allein fortzusehen. Von Tag zu Tag schwand seine geringe Habe, schon wurden Hausgeräte und halbwegs entbehrliche Kleidungstücke verkauft, damit nur die Familie erhalten werden könnte, so daß endlich nur noch eine Uhr, ein teures Andenken, übrig blieb. Lange war Pasler unschlüssig, ob er auch diese veräußern solle, doch endlich trennte er sich, obwohl mit schwerem Herzen, auch von der lhr und kaufte Unschlitt, um davon recht lange auf seine Leuchte aufschütten zu können. Noch einmal wollte er sein Glück versuchen, um dann, wenn auch dieser letzte Versuch mißklücken sollte, das Werk verfallen zu lassen. Nach kräftig gesprochenem Bergsegen fuhr er in die Grube ein und ging trüben Sinnes und schweren Herzens, der Not der Seinigen gedenkend, an die Arbeit. "Herr", sprach er bei sich selbst, "segne heute meine Hände, damit ich recht viel zur Verherrlichung Deines Hauses tun kann!"
Es wurde nämlich gerade damals in Joachimathal ein neues Gotteshaus gebaut, und es kränkte ihn bitter, daß er, der ehemals so reiche Mann, in seiner jetzigen Bedrängnis zu dem Kirchenbaue nichts beitragen konnte. Nachdem er nun in dieser Art gebetet hatte, arbeitete er gleichsam frisch und gestärkt darauf los und hieb auch mit seinem Gezäh ein, daß das Gestein weit umhersrang. Unterdessen ging das Unschlitt in seinem Geleuchte allmählich zu Ende, und er wollte eben neues in dasselbe füllen aber - zu seinem Schrecken - das Unschlitt war weg. Er sah nur gerade noch, wie ein Mäuschen mit demselben seinem sicheren Verstecke zueilte. Freilich sprang er dem Tierchen nach, aber es war auch schon in einem Loche der Steinwand verschwunden. Voll Entrüstung, daß ihm auch die letzte Hoffnung geraubt jein sollte, arbeitete er nun aus Leibeskräften an der Steinwand, um der Maus das Unschlitt wieder abzunehmen. Und das war sein Glück. Denn als er einen recht kräftigen Hieb in das Gestein führte, da erklang es durch die ganze Grube, und -Gott sei Dank und Lob!- zu seinen Füßen rollte ein Stück des reinsten Silbererzes; eine reiche Silberader hatte sich geöffnet. So wurde Basler in den Stand gesetzt, sein Bergwerk wieder gehörig zu betreiben, und bald war er ein steinreicher Mann, viel reicher, als er zuvor gewesen war. Aber auch sein Gelübde erfüllte er treulich, so wie er es gelobt hatte. Auf seinen eigenen Schultern trug er die Stücke des Predigtstuhles, den er auf seine Kosten verfertigen ließ, zur Kirche und ließ sich selbst als Stütze desselben darstellen.

Noch vor dem letzten Brande (31. Juli 1873) sah man ihn in der Stadtkirche zu Joachimsthal mit Wams und Bergkappe unter dem Predigtstuhle stehen, und der Kirchendiener erzählte Jedem, der es wünschte, gern und bereitwillig die Geschichte von dem frommen Pasler.

Quelle: Anton Paudler Sagenschatz der Deutschböhmen


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