Der Seligstädter Waldheger und Berndittrich, der wilde Jäger

Seeligstadt

Vor Jahren, als noch zahlreiches Hoch und Schwarzwild die Massenes belebte, stand mitten in jenem großen Walde ein Jagdhäuschen. Dort hielten sich von Zeit zu Zeit die Wald heger aus Seligstadt auf, um dem Wilde aufzulauern, besonders aber den wilden Schweinen. Durch ausgestreute Erbsen suchte man sie in die Nähe der Schuhhütte zu locken. An einem Herbstabende war der alte Waldheger wieder einmal in dem Jagdhäuschen, um feines Amtes zu walten. Doch da der erste Teil der Nacht sehr dunkel war, und der Mond erst nach Mitternacht leuchtete, so hatte er sich zu einem kurzen Schlafe auf eine Bank in der Hütte hingestreckt. Mehrere Stunden mochte er geschlafen haben, da wurde er durch ein seltsames Geräusch aufgeschreckt. In der Luft rauscht es ganz eigenartig, in den Wipfeln der dunklen Wald- bäume braust der Sturm, Hunde kläffen, Büchsen knallen und Hussarufe erschallen.

Der alte Waldheger ist hierüber sehr verwundert und meint, man wolle ihn um die Beute bringen und das Hoch- und Schwarz wild verscheuchen. Darum springt er årgerlich vom Bager auf. öffnet das Fenster des Jagdhäuschens und ruft in die raben finstere Nacht hinaus: „Halbpart! halbpart!" Kurze Zeit darauf ist der tolle Bärm vorüber. Nach einer Stunde geht der Mond auf, es wird hell, und der alte Waldheger verläßt die Jagdhütte, um Beute zu machen. Wie groß ist aber sein Erstaunen, als er draußen vor dem Jagdhäuschen eine große Anzahl erlegter Hirsche und Wildschweine erblickt, die an den Bäumen ringsumber auf- gehängt sind. Nun wußte er, wer jenen Höllenlärm verursucht hatte. Berndittrich, der wilde Jäger, hatte Jagd in der Maffeney gehalten und mit dem alten Waldheger die gemachte Beute „Halbpart" geteilt.

Quelle: Bernh. Störzner Die Masseney in Sage und Geschichte (Teil 1)


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