Im Advente wars. Eine Frau aus Rosental (bei Graupen) wollte früh zur „Rorate" in die Prokopikirche gehen und legte sich abends zeitig zu Bett.
Als sie erwachte, glaubte sie, es sei schon Zeit, sich auf den Kirchweg zu machen. Ihr Zeiger war stehen geblieben, sie wußte keine genaue Zeit. Obwohl es stockfinster war, ging sie und kam glücklich bei der Kirche an.
Die war hell erleuchtet, das Tor stand offen und die Frau trat ein. Die Messe hatte schon begonnen und viele Andächtige füllten den Raum. Die Frau setzte sich in eine Bank und wollte eben zu beten anheben, als sie gut befreundete Leute sah, Leute, die schon lange gestorben waren.
Ihr wurde ängstlich zu Mute. Endlich ertönte das „Ite missa est". Da nickten ihr einige dieser Verstorbenen zu und machten ihr Zeichen, sich zu entfernen. Die Frau gehorchte und verließ eilends das Gotteshaus. Kaum hatte sie das Tor erreicht, war die Messe beendet. Einen geschwinden Blick tat sie nach rückwärts. Das Blut wollte ihr schier erstarren, da sie sah, daß alle ihr nacheilten, um sie zu packen. Schon hatte sie das Tor in der Friedhofmauer erreicht, da krallten sich einige der gespenstigen Gestalten an ihrem Mantel fest und wollten sie zurückhalten. Die Frau ließ den Mantel fallen und stürzte zum Tore hinaus. Im gleichen Augenblicke schlug die Graupner Uhr: „Eins". — Da krachte das Friedhofstor zu, die Lichter erloschen in der Kirche und das Weib stand in schwarzer Finsternis da.
Am Morgen fanden Kirchgänger auf jedem Grabe ein Stück des Mantels, den die Frau fallen gelassen hatte.
Die Frau aber war so erschrocken, daß sie sich gleich legen mußte, in eins schwere Krankheit fiel und nach wenigen Tagen verstarb.
Quelle: Hübner Heimatkunde des Bezirkes Aussig 2. Teil, 1. Die Sagen
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