Als die bayrischen Truppen im Jahre 1806 in Oederan einrückten, besetzten sie auch die Stadtfrohnfeste. Dort fanden sie die Tochter des Nachtwächters von Oederan, Dorothea Graupner, welche wegen eines unbeträchtlichen Diebstahls vier Wochen Gefängnis abbüßen sollte. Nach erst zweiwöchentlicher Haft von den Bayern befreit, schloß sie sich diesen an, nahm mit ihnen an dem Feldzuge von 1806 und 1807 teil, kam dann mit einem französischen Dragoner-Regiment nach Valenciennes und heiratete daselbst einen Dragoner, der von Geburt Italiener war. Sie folgte ihrem Mann nach Spanien in den Krieg, von da nach Rußland, wurde bei dem Rückzuge von Moskau samt ihrem Gatten von den Russen gefangen genommen und in das südliche Rußland gebracht. Nach dem Friedensschlusse kehrte sie nach Valenciennes zurück, ihr Mann nahm seinen Abschied und zog mit ihr nach Kalabrien in seinen Geburtsort. Nach dem im Jahre 1827 erfolgten Tode ihres Gatten wollte sie dessen Bruder heiraten, man verlangte aber vor Vollziehung der Trauung ihren Taufschein. In ihrer Einfalt glaubte die Frau, sich diesen Schein in Person holen zu müssen und machte sich auf den Weg nach Oederan, wo sie nach dreimonatlicher Wanderung denn auch glücklich ankam. Man stellte ihr den erbetenen Taufschein aus, dabei aber kam man auch auf ihre Verurteilung im Jahre 1806, erinnerte sich, daß sie nur die Hälfte abgesessen und - richtig: die Gute mußte nach mehr denn zwanzig Jahren die fehlenden zwei Wochen nachsitzen. Dann kehrte sie in ihr schönes Kalabrien zurück.
Quelle: Richard Rentsch Geschichte der Stadt Oederan
Bewege den Pin mit der Maus auf den vorgeschlagenen Standort und sende die Form unten ab.