Die Wunderblume bei Blauenthal

Blauenthal

Bei dem Orte Unter-Blauenthal findet sich eine jetzt durch Gesträuch fast völlig verwachsene Felsenschlucht und in dieser soll man einst ein eisernes Thor, welches eine Höhle verschloß, gesehen haben. Vor langer Zeit mähte in der Nähe dieser Höhle ein Einwohner des genannten Ortes Gras, und als er sich in der Mittagstunde unter einen schattigen Baum setzte, um seine Sense zu dengeln, stand auf einmal ein schwarzer Ritter vor ihm und zu seinen Füßen sah er aus dem kahlen Erdboden eine gelbe Blume hervorsprießen. Der Ritter aber sprach zu ihm, er solle diese Blume abpflücken, sie sei der Schlüssel zu der eisernen Pforte; damit solle er dieselbe öffnen und sich aus der Höhle so viel von den Schätzen mitnehmen, als ihm behage; »jedoch«, so setzte er hinzu, »laß mir die Blume nicht liegen, sonst bist Du verloren.« Der Mann that, wie ihm der Ritter geheißen hatte. Die Höhle, in welche er gelangte, war an den Wänden mit funkelnden Edelsteinen besetzt und auf dem Boden standen viel Kisten, aus denen ihm Gold und Silber entgegen glänzte. Plötzlich erweiterte sich der Raum zu einem großen Saale und an einer mit kostbaren Speisen und Getränken besetzten Tafel sah er den Ritter mit Gefolge wieder; die Speisenden wurden von Zwergen bedient. Da winkte der Ritter dem Manne, derselbe solle sich mit an die mit einem Trauerflor behangene Tafel setzen. Ängstlich setzte sich der Arbeiter nieder, aber bald bekam er wieder Mut. Nachdem er gegessen und getrunken hatte, steckte er sich auf Geheiß des schwarzen Ritters so viel von dem Golde und den Edelsteinen ein, als er fortbringen konnte. Da er wieder vor der Pforte stand, schloß sich dieselbe mit einem großen Knalle, der Felsen wankte und der Eingang war nicht mehr zu sehen. Erschrocken wollte der Mann nach seiner Blume greifen; doch er besaß sie nicht mehr, denn er hatte sie in der Höhle zurückgelassen, als er die Schätze zusammenraffte. Nach wenigen Tagen starb er; man fand ihn, das Gesicht nach dem Nacken umgedreht, und das Gold war auch verschwunden. Der Fels aber, in dem sich der Eingang zu der Höhle befunden haben soll, heißt heute der Teufelsfels.

Quelle: Köhler Sagenbuch des Erzgebirges


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