Der Schatz im roten Berge bei Werdau

Werdau

Es war einmal ein Krieg ausgebrochen. Da vergrub einer aus der berühmten und reichen Familie derer von Römer in dem roten Berge, welcher sich nahe bei der Stadt Werdau erhebt, eine Braupfanne voll Geld, um dasselbe vor den Feinden zu verbergen. Als dann jener Römer starb, hinterließ er den Schatz demjenigen seiner Nachkommen, welcher nur mit einem Auge auf die Welt kommen würde. Von da an sahe man lange Zeit hindurch alle Nächte von 11 bis 12 Uhr auf dem genannten Berge ein Licht, und es wurde gesagt, daß sich dasselbe gerade über der Stelle befinde, an welcher in der Tiefe der Schatz verborgen worden war. Ebenso zeigte man eine kleine Höhle als Anfang des Ganges, in welchem man zu der mit Gold und Silber gefüllten Braupfanne gelangen könne.

Da nun kein einäugiger Römer geboren wurde, so beschlossen endlich zwölf Männer, unter denen sich auch der Pfarrer von Werdau befand, den Schatz zu heben. Ehe sie aber an's Werk gingen, segnete der Priester sich selbst und die Teilnehmer in der Kirche ein, und sie nahmen darauf ein aus Wachs geformtes einäugiges Kind mit, welches bei Kerzenlicht feierlich getauft worden war. Mit brennenden Kerzen zogen darauf alle in der Mitternachtsstunde nach dem Orte, an welchem der Schatz verborgen war. Unter Furcht und Zittern waren sie vor der Höhle angelangt und unter Gebet bereiteten sie sich zum Eintritte vor. Da auf einmal that sich mit einem furchtbaren Getöse der rote Berg weit auf, und ein feuriger Hund kam wie ein Löwe brüllend auf sie zu und rief: »Welchen nehmen wir zuerst?« Eine Stimme aus der Tiefe aber antwortete: »Den mit dem roten Tuche!« Wie die Männer diese schreckhaften Worte hörten, flohen sie entsetzt und freuten sich, als sie aus dem Bereiche des Ungetüms gekommen waren, ihres glücklich geretteten Lebens. Sie erzählten zwar, daß sie noch im Innern des Berges die große, mit Geld gefüllte Braupfanne gesehen hätten, doch da sie bald darauf, einer nach dem andern, starben, so ist niemandem mehr die Lust angekommen, den Schatz zu heben.

Quelle: Köhler Sagenbuch des Erzgebirges


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